Gerade zur Fußball-WM kommen Vorurteile zwischen den Geschlechtern gerne mal zu Tage. Frauen, so heißt es, hätten ja gar keine Ahnung von Fußball und wenn sie doch einmal ein Spiel schauten, dann nur, um Männer anzuhimmeln oder bereits bestens über die so genannten Spieler-Frauen informiert zu sein – bevor sie sich dann mit Klatschzeitschriften eindecken. Alles ein Klischee? Wir haben Frauen zu ihrer Meinung gefragt.
Laut b4p trends, interessieren sich rund ein Drittel der Frauen ernsthaft für Fußball, zur WM sind es sogar ganze 48 Prozent, die mit ihrem Land mitfiebern und ernsthaftes Interesse zeigen. Woher kommt also der Irrglaube und das durchaus erniedrigende Vorurteil, dass Frauen außer den hübschen Männern auf dem Feld und die Klamotten von deren Frauen mit dem Sport selbst nichts am Hut haben? Frauen brauchen oft den persönlichen Bezug und bei abstrakten Handlungen, wie einem Fußballclub die Stange zu halten, fehlt ihnen ebendieser Bezug. Daher interessieren sie sich beispielsweise auch häufiger ausschließlich für die Nationalmannschaft. Hier stehen einzelne Spieler im Fokus. Attraktivität ist dabei nicht der ausschlaggebende Punkt. Laut einer Umfrage stehen Männer, die kochen können, heimwerkeln oder ins Fitnessstudio gehen viel höher im Kurs als Fußballspieler – tatsächlich findet nur jede zehnte Frau diese auch anziehend.
Frauen in der Fußballberichterstattung
Auch im Bereich der Berichterstattung traut man Frauen in Sachen Fußball noch wenig zu. Im Jahr 2016 ging ein Aufschrei durch Deutschland, als ARD und ZDF verkündeten, dass mit Claudia Neumann erstmals eine Frau ein Meisterschaftsspiel der Herren live kommentieren wird. Als lang erfahrene Sportjournalistin sollte man ihr das schließlich auch zugestehen können. Dennoch rief ihre Ernennung einen medialen Aufschrei hervor, der bei ihren beiden männlichen Kollegen ausblieb. Das Online-Magazin ze.tt hat dem in diesem Jahr entgegengewirkt. Hier kommentieren drei fußballinteressierte Frauen die Spiele der Deutschen Nationalmannschaft in Russland. Darunter sind unter anderem eine Sportjournalistin, aber auch zwei sportbegeisterte Studentinnen.
Auch Frauen schauen Fußball
Influencerin Sam Clemenza vom YouTube-Channel Sprinkles of Sam ist dank ihres Vaters zum Fußball gekommen. „Ich mag den Sport einfach, weil er schnelllebig ist und nicht weil ich mir gerne die Männer anschaue!“ Besonders interessant fände sie es, Spieler der Clubs, die sie ohnehin schon beobachtet, bei der WM in ihren Nationalteams spielen zu sehen. So habe sie auch weiterhin den Bezug zu den Spielern und findet es interessant, wie sich die Dynamik der Spieler in ihren Clubs oder ihren Länderteams verhält . „Ich glaube im Übrigen nicht, dass man verallgemeinern kann, ob Frauen nur wegen der Männer gucken oder sie nur ein Accessoire sind.“
„Es ist schon lange nicht mehr so, dass Frauen nur die Fußball-WM gucken wegen Mats Hummels, sondern sich auch ernsthaft für den Sport interessieren“, sagt Mara Weingardt, begeisterter Fußballfan seit vielen Jahren. „Außerdem gibt es immer mehr Frauen, die auch tatsächlich selbst Fußball spielen, wie zum Beispiel eine meiner Kolleginnen.“ Den Grund für den Wandel sieht sie unter anderem in der Emanzipation: „Früher haben Frauen Fußball geguckt, weil es eben der Mann gemacht hat, aber man selbst hatte dazu nichts zu sagen. Heute kann ich als selbstbestimmte Frau selbst entscheiden, Fußball zu gucken, weil er mir gefällt, oder eben nicht. Wenn ich hübsche Männer anschauen will gucke ich kein Fußballspiel – da gibt es hübschere als in unserer Nationalmannschaft.“ Gründe für ihr Interesse am Fußball sind unter anderem der internationale Wetterwerb und eine Sportart auf richtig hohem Niveau gespielt zu sehen.
“Ich bin halt ein Fußballfan.”
Hier stellt sich auch die Frage, warum eine Rechtfertigung seitens der Frauen überhaupt notwendig ist, denn ihnen sollten die gleichen Kenntnisse und Interessen zugesprochen werden, wie Männern auch. Frauen wollen in Sachen Sport ebenso ernst genommen werden, wie auch in anderen Bereichen des Lebens. Zum Glück reagieren nun auch die Medien und lassen auch Frauen ans Mikrofon. Am Ende lässt es sich mit Sams Worten ganz einfach erklären: „Ich bin halt ein Fußballfan.“ Und das ist auch gut so.